Ein Problem wird durch eine aussergewöhnliche Herangehensweise gelöst. Der Fokus liegt dabei auf einem eindeutigen Mehrwert, der sich klar von vergleichbaren Lösungen unterscheidet.
Taktische Denker neigen dazu, sich darauf zu konzentrieren, „die Dinge richtig zu tun“. Strategische Denker sind darauf bedacht, „die richtigen Dinge zu tun“. Wenn man etwas „richtig“ tut, aber es ist nicht die richtige Aufgabe, werden die Bemühungen vergeblich sein. 1 Das Richtige tun bedeutet auch, Entscheidungen zu treffen, die nicht auf eigenen persönlichen Bedürfnissen basieren, die Popularität nicht steigern oder persönliche Überzeugungen durchsetzen. Es bedeutet, das Beste zu tun, das nötig ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. 2 Nur – welches sind denn die richtigen Dinge, die man tun soll?
Sie hilft Lösungsentwicklern genau dabei: Die richtigen Dinge anzupacken. Und zwar gründlich. Dieser quasi “strategische Gründlichkeitsansatz” ist nützlich und liegt mir persönlich sehr. Ich habe ihn nicht nur in meine Projekte bei der YOO, in meine eigene Beratungstätigkeit und meine Lehrtätigkeit integriert, sondern auch in meinen privaten Alltag.
Ein Problem wird durch eine aussergewöhnliche Herangehensweise gelöst. Der Fokus liegt dabei auf einem eindeutigen Mehrwert, der sich klar von vergleichbaren Lösungen unterscheidet.
Nachfolgend gehen wir auf eine kleine Reise: Ich versuche schrittweise die Entwicklung und die einzelnen Elemente der NABC-Methode zu vermitteln – so, wie sich diese Methode in meiner Praxis bewährt hat. Zudem gehe ich darauf ein, welches die darin zu beantwortenden Fragestellungen sind. Das Ganze durch einfache Beispiele begreifbar gemacht. Ausserdem gehe ich noch auf typische Fehler ein, die bei der Entwicklung einer Lösung nach NABC passieren können.
Was sind die sichtbaren oder latenten Bedürfnisse, Probleme oder Herausforderungen einer spezifischen Anspruchsgruppe?
Dabei muss die Anspruchsgruppe (oder Zielgruppe wie bspw. Kund:innen, Gäste, Besuchende usw.) vorab erforscht und ihr Profil definiert werden (Persona). Ist diese Definition nicht präzis genug, verfehlt die nachfolgende Lösung möglicherweise ihr Ziel.
“Need” ist dabei eine Variable, je nach Kontext, mit einer unterschiedlichen Bedeutung. Man kann man von “Bedürfnis” sprechen, manchmal aber auch von “Problem”, oder weniger dramatisch von “Herausforderung” oder “Aufgabe”. Aber auch “Bestrebungen”, “Wünsche”, “Chancen”, “Opportunitäten” etc. sind möglich. Gehen wir für die weitere Reise einfach mal davon aus, dass wir herausgefunden haben, dass unsere Anspruchsgruppe Sportler:innen sind, die “Durst haben”.
Wie könnte man auf die Bedürfnisse reagieren, sie adressieren (ohne schon eine konkrete Lösung vorzuschlagen)?
Der Approach schlägt also einen Ansatz, resp. einen Lösungsweg vor, wie man auf den Need eingehen könnte.
Die finale Lösung ist damit aber noch nicht gemeint. Was die Lösung ist, muss ja erst noch entwickelt werden. Dies ist ein mögliches Fettnäpfchen, in das man schnell mal tritt, im manchmal unübersichtlichen Verlauf einer Lösungsfindung. Angewendet auf unser Beispiel “Durst haben” wäre deswegen der leider zu kurz greifende Approach “Wasser trinken!” Diesen Fehler, vorschnell zu einer (vermeintlichen) Lösung zu gelangen, nennt man im Design-Thinking-Kontext auch den
Research/Design-Gap:
Wir haben eine Erkenntnis gewonnen und wollen dafür sogleich die Lösung umsetzen ohne die genauen Dimensionen der Erkenntnis erarbeitet zu haben. Dieses Vorgehen erweist sich aber in den meisten Fällen als kontraproduktiv, da nicht zu Ende gedacht und aus dem Gesamtkontext gerissen.
In unserem Beispiel “Durst haben” könnte der Approach also sein “den Durst löschen” oder auch etwas präziser “mit einem Getränk den Durst löschen”. Dies lässt immer noch total offen, wie genau man den Durst löscht, ggf. mit welchem Getränk konkret (Mineralwasser, Tee, Wein etc.), wie man dieses genau trinkt (aus einer Flasche, Tasse, Glas usw.) oder was das Erlebnis dabei ist (Gefühl, Geschmack usw.). Gingen wir noch einen Schritt weiter und nähmen wir nur “den Körper re-hydrieren” würden wir den Rahmen der möglichen Lösungen noch mehr erweitern, was je nach Kontext spannend sein könnte und noch innovativere Lösungen unterstützen würde.
Was stellt das Angebot, neben der Bedürfnisbefriedigung, für einen zusätzlichen Nutzen/ Wert für die Anspruchsgruppe(n) dar?
Auch der Benefit ist etwas knifflig. Denn er birgt wiederum die Gefahr einer Abkürzung. Oftmals wird in diesem Teil des NABCs einfach wieder auf den NEED eingegangen. So im Sinne: Der Need ist “Durst haben”, der Approach ist “Durst löschen” und somit der Benefit “keinen Durst mehr haben”! Das ist aber mit dem Benefit nicht gemeint. Er geht weiter. Und hier wird auch die Herkunft des NABCs als Teil einer Value Proposition (eines Kundennutzens, resp. Leistungsversprechens) deutlich: Beim Benefit geht es um den Wert, der mit einer Lösung angestrebt wird. Dieser quantitative oder qualitative Wert macht die Lösung einzigartig. Was immer ein wichtiges Ziel einer Value Proposition sein muss. Soll diese ja in einem meistens hart umkämpften Markt Bestand haben und kontinuierlich zu Umsatz führen.
In unserem einfachen Beispiel mit dem “Durst” wäre also der Benefit nicht einfach nur “Durstlöschen” sondern beispielsweise “schnell, genussvoll und nachhaltig-gesund den Durst löschen”. Spoiler-Alarm: Schnell vorgespult könnte eine mögliche Lösung dafür sein: Ein isotonisches, vitaminisiertes Getränk in verschiedenen Geschmacksrichtungen.
Was sind mögliche Risiken für die Lösung oder den Lösungsfindungsprozess?
Das C steht ursprünglich für Competition und konzentriert sich dort auch wirklich auf mögliche Risiken in einem Marktumfeld (Kosten-Nutzen-Verhältnis, Mitbewerber usw.).
In Lösungsfindungsprozessen wäre es korrekter, das C mit einem R zu ersetzen, denn hier geht es im Prinzip um eine generelle Risikoeinschätzung und entsprechende Behebungsszenarien (Risikomanagement):
Zum Schluss würden wir in unserem Beispiel noch mit einem sogenannten “Hook” arbeiten. Dieser leitet den NABC ein und soll Interesse und Fokus triggern, ähnlich wie bei einem Elevator Pitch, aber ohne schon die Lösung zu kennen.
Der fertige NABC könnte somit lauten:
H: Wir wollen Durstlöschen neu denken!
N: Sportler haben einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf und somit grossen Durst
A: Wir wollen dafür ein neuartiges Getränk entwickeln
B: Dieses rehydriert die Sportler – schnell, genussvoll und nachhaltig-gesund
C: Akzeptanz: Unsere Lösung könnte zu innovativ sein, was aber mit entsprechenden Marketingmassnahmen behoben werden kann.
Im Rahmen meiner selbständigen Tätigkeit während einem Mandat bei Swisscom Brand Experience lernte ich die Anwendung der NABC-Methode in der Praxis kennen und schätzen. Diese anschauliche Erfahrung und die Vertiefung über entsprechende Literatur des Stanford Research Institute (SRI), unter anderem SRI-NABC, führten zu folgender Erkenntnis:
Das Konstrukt NABC ist in jedem Lösungsfindungsprozess anwendbar. Also nicht nur in der Entwicklung von Geschäftsideen, als Teil einer Value Proposition (Wertversprechen) wie eigentlich vom SRI ursprünglich gedacht. Besonders im beruflichen Kontext ist es sehr nützlich, weil es auf die Schaffung von Wert ausgerichtet ist.
NABC ist ein einfach verständliches Konzept. Für die erfolgreiche Anwendung in der beruflichen Praxis bedarf diese Methode dennoch einiger Erfahrung. Ein Trial-and-Error Ansatz hilft dabei. Und so vermittle ich sie auch in meiner Lehrtätigkeit an der Schule für Gestaltung Basel (Interactive Media Designer EFZ und HF Interaction Design).
Die Lernenden/ Studierenden entwickeln dort im Rahmen einer konkreten Aufgabenstellung einen passenden NABC. Dies mit einem iterativen Ansatz, d.h. sie verfeinern den NABC in mehreren Durchgängen und präzisieren ihn damit immer weiter. Dies wird oft als mühsam empfunden, weil es auf Text basiert, somit Konzentration bedingt und zeitaufwändig ist.
Zudem wird der Grad der angestrebten Präzision von den Lernenden zunächst als “pingelig” wahrgenommen.
Aber einmal verstanden und verinnerlicht, wird der NABC als wirkungsvolles Werkzeug gerne angenommen und sogar in die abschliessenden Qualifikationsverfahren, in die individuelle praktische Arbeit (IPA EFZ) sowie das Diplomprojekt (HF), integriert.
Dies ist umso wichtiger, weil die Methode später im Projektalltag leider dann gar nicht mehr so explizit angewendet wird. Dies aus unterschiedlichen Gründen, meistens aber aus Ressourcen-Gründen (die üblichen Verdächtigen: Personal, Zeit, Budget usw.).
Im beruflichen Alltag dient die NABC-Methode im Hintergrund als unterstützendes Denkmodell, um Probleme strukturiert zu lösen – Und dies eben mit dem Ziel, das Richtige zu tun.
Weiterführende Links
Haben Sie konkrete Fragen zur Entwicklung neuer Lösungen in den Bereichen Kommunikation und Zusammenarbeit, innovative Produkte und Dienstleistungen sowie ganzheitlichen Strategien?
Daniel Hunziker berät Sie gerne. Sie erreichen ihn unter daniel.hunziker@yoo.digital
Quellen:
1 https://www.linkedin.com/pulse/doing-things-right-vs-anish-mayaramka/
2 https://www.forbes.com/sites/forbesbooksauthors/2021/09/21/doing-the-right-thing/
Photo by Andrea De Santis on Unsplash